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Tag 2: Plod pesnym jezerem -> Bucina (39,59 Kilometer)

Gegen 5 Uhr werde ich durch laute Geräusche unsanft aus meinem sowieso eher mäßig tiefen Schlaf gerissen. Habt ihr eine Ahnung wie laut Hirsche in der Brunft sind? Da ist es gar nicht so leicht tief und fest zu schlafen. Was mich aber weckt ist nicht etwa ein Hirsch (das Geblöke rutscht irgendwann in den Hintergrund), sondern ein netter Kerl, der die Toiletten reinigt.

Da es noch viel zu dunkel ist, um aufzustehen, drehe ich mich noch einige Zeit hin und her, bevor ich dann doch irgendwann aus meinem Zelt krieche. Zu meiner Überraschung sind im Lauf der Nacht noch drei weitere Wanderer auf dem Notübernachtungsplatz angekommen. Die waren aber deutlich leiser als das erste Paar, was vermutlich am fehlenden Zelt liegt. Die haben halt einfach ohne Zelt übernachtet. War bestimmt nicht angenehm, aber härtet ab. Die anderen sind ebenfalls schon alle wach und auch das Zelt-Paar rührt sich. Während ich mein Zelt abbaue und meine Sachen verstaue, tausche ich mich ein wenig mit den drei Männern aus, aber ein wirkliches Gespräch entsteht nicht. Sprachbarrieren und so. Immerhin darf ich mir ein bisschen Wasser für meinen Kaffee erwärmen.

Scheint ein sonniger Tag zu werden

Gegen dreiviertel acht (07:45 Uhr) marschiere ich dann los. Heute stehen 24,5 Kilometer bis zum Notübernachtungsplatz Strazny auf dem Plan – und irgendwie muss ich mein Campingkocherproblem lösen. Die ersten Kilometer des Tages laufe ich auf einem Radweg, an dessen Seite ein kleines Bächlein fließt. Hier fülle ich mir direkt mal meine Wasserflaschen. Nach etwa 45 Minuten wird der Wald dichter und aus dem asphaltierten Weg wird ein Forstweg. Ich durchquere einen Teil des Waldes in dem sehr aktive Forstarbeit betrieben wird. Mir begegnen sogar zwei Waldarbeiter, die aber wohl gerade Pause machen. Dem Weg folgend genieße ich die Sonnenstrahlen, die durch die Bäume spitzeln und für ein angenehmes Wanderwetter sorgen. Nach etwa 6 Kilometern meldet sich dann doch der Hunger und ich finde eine nette Sitzgelegenheit an einem Tor des Schwarzenbergkanals.

Ganz nettes Ambiente zum Frühstück

Der Schwarzenbergsche Schwemmkanal wurde vom 18. Bis zum 20. Jahrhundert verwendet, um Holz zu transportieren. Es gibt auch eine extra Wanderroute, die an diesem Kanal entlangführt. Aufgrund der gelesenen Berichte darüber, war es mir den Umweg aber nicht wert. Im späteren Verlauf der Tour begegnen mir noch Abschnitte des Kanals, die nicht sonderlich spannend sind. Das Tor sieht aber hübsch aus und bietet mir für mein Frühstück eine schöne Kulisse. Ich nutze die Pause, um meine weitere Route etwas zu überblicken (allerdings ohne Kaffee, da ich ja noch kein Wasser erwärmen kann) und mache mir mental ein paar Notizen, wo es die nächsten Kilometer so ungefähr hin geht. Da ich ohne konventionelle Karte unterwegs bin und die Beschilderung etwas abenteuerlich ist, behalte ich immer ungefähr im Blick in welche Richtung es gehen sollte. Da ich aber eh viel zu oft mein Handy in der Hand habe, um meinen Ausflug bildlich festzuhalten, kann ich auch regelmäßig meinen Standort überprüfen. Im Nachhinein ist mir dann auch aufgefallen, dass das Schwarzbergkanaltor eigentlich nicht auf meiner ursprünglich geplanten Route gewesen wäre. Ich bin also entweder irgendwo falsch oder gar nicht abgebogen. Schön wars aber trotzdem, der Umweg hat sich also gelohnt.

Viel totes Holz, aber auch viele neue Bäume

Nach einigen weiteren Kilometern lichtet sich der Wald etwas. Hier wurde wohl ganz schön viel abgeholzt. Es wird aber auch viel aufgeforstet und der Wald sieht insgesamt sehr zufrieden aus. Im Lauf des Tages gibt es für mich zwei Hoffnungsschimmer, mein Gaskartuschenproblem zu beseitigen: Tusset und Strazny – zwei Ortschaften, die von meiner Route aus erreichbar sind.  Durch Tusset komme ich ohne großen Umweg durch und Strazny ist eh mein Tagesziel. Da muss ich also nur vom geplanten Übernachtungsplatz etwas weiter in die “Ortschaft”. Bis Tusset folge ich einem schönen Waldweg. Direkt am Weg wurde schon gut abgeholzt, was mir sehr angenehme Sonnenstrahlen beschert. Unterwegs treffe ich eine Pilzsammlerin, unsere Sprachkenntnisse sind allerdings nicht kompatibel genug für ein Gespräch. Ich wandere also munter weiter und verlasse bald den Wald. Ein paar Pferde signalisieren erste Anzeichen von Zivilisation und als ich die Bahnschienen überquere bin ich schon “mitten im Geschehen”. Ein überschaubares Örtchen, in dem meine Hoffnung auf Behebung der Gaskartuschenproblematik schnell zunichte gemacht ist. Der einzige Laden im Ort hat nämlich diese Woche geschlossen. Heute komme ich insgesamt an sehr viel Zivilisation vorbei – allerdings hat alles zu. Aber viele Tiere gibt es hier. Enten, Kühe, Pferde, eine Raupe und Ziegen durfte ich bestaunen.

Ein Teich voller Enten

 Kurz nach Tusset verwirren mich die Wegweiser wieder etwas, aber vorsichtshalber entscheide ich mich für den Feld- und nicht den Radweg. Da ist es zumindest angenehmer zu laufen. Vom Feldweg biege ich, einer Eingebung folgend (“Das müsste doch eine Abkürzung sein”) in einen etwas zugewucherten Waldweg ein, der mich auch tatsächlich zum Ziel bringt. Die nächste Ortschaft (Ortschaft ist hier immer relativ. Es handelt sich meist um ein paar Häuser ohne jegliche Einkaufsmöglichkeit) verspricht einen Trinkwasserbrunnen und ein Bänkchen zum Pausieren. Das Bänkchen finde ich auch, der Brunnen ist aber trocken. Egal, ich bin ja noch versorgt. Es ist mittlerweile 13 Uhr, die Sonne scheint und ich habe 18 Kilometer absolviert. Liege also gut in der Zeit. Hier gibt es auch einen öffentlichen Mülleimer, ich kann also meinen Müllbeutel entsorgen.

Nach ca. 30 Minuten Ruhezeit mache ich mich dann wieder auf den Weg und darf bald auf einen Waldweg einbiegen. Die letzten Kilometer hatte ich sehr viel Asphalt unter den Schuhen, ich bin also froh um den weicheren Untergrund. Allerdings treffe ich kurze Zeit später auf eine Blindschleiche, die sich auf dem Weg sonnt. Die nächste Zeit überlege ich also, ob es im Sumava Nationalpark wohl Schlangen gibt. Glücklicherweise verschwindet dieser Gedankengang recht schnell wieder, sonst hätte ich wohl abends nicht mehr gut geschlafen.

Ihr versteht warum ich mein Wasser nicht aus den Bächen nehme?

Kurz vor Strazny passe ich meine Route etwas an, um an einer Tankstelle vorbeizukommen. Vielleicht gibt es dort ja Gaskartuschen zu kaufen. Leider führt der Weg dahin auf einem Radweg direkt an einer viel befahrenen Bundesstraße entlang. Aber da muss ich jetzt durch. An der Tankstelle angekommen kann ich zu meiner Freude feststellen, dass es tatsächlich Kartuschen gibt. Die Freude hält aber nur kurz an, da es sich um das gleiche Modell handelt, das unnütz in meinem Rucksack liegt. Mit Händen und Füßen versuche ich der netten Frau an der Kasse mein Anliegen zu schildern, die mich dann auf eine Einkaufsmöglichkeit in Strazny hinweist. Ich kaufe mir noch den größten Becher Kaffee, der zum Verkauf steht und erfreue mich der günstigen Preise in Tschechien.

In Strazny finde ich den “Free One Shop” recht schnell (man läuft direkt darauf zu und arg viel anderes gibt es dort nicht) und der freundliche Verkäufer spricht sogar etwas deutsch. Eine passende Gaskartusche für meinen Brenner hat er zwar nicht, aber einen günstigen Kocher mitsamt Kartusche. Der ist zwar schwer und unhandlich, aber mir bleiben ja keine anderen Möglichkeiten. Das Problem wäre also, wenn auch nicht ideal, gelöst.

Vom Shop bis zum Campingplatz sind es ca. 10 Minuten zu Fuß. Da es gerade erst kurz nach 15 Uhr ist, ziehe ich eine Verlängerung meiner Tour in Erwägung. Bis zum nächsten Notübernachtungsplatz sind es 14 Kilometer. Meine Füße sind noch fit, die Sonne scheint noch und hell ist es auch noch eine ganze Weile. Ich entscheide mich also fürs Weiterlaufen, mit dem Ziel vor 19 Uhr am Campingplatz anzukommen.

Langsam verabschieden sich die letzten Zeichen von Zivilisation (eine Holzhütte und ein Bienenstand) und nach ein paar Kilometern umrunde ich einen See. Das Wetter hält zum Glück und der Weg ist sehr schön zu laufen. Über Planken durchquere ich einen scheinbar sumpfigen Bereich nachdem langsam der Aufstieg Richtung Bucina beginnt. Die noch zu absolvierenden Höhenmeter habe ich bei der Entscheidung nicht bedacht. An einer Kuhweide sorgt meine Anwesenheit für große Aufregung bei den ansässigen Kühen, die zuerst neugierig schauen und sich dann lautstark über mich beschweren. Oder lustig machen, wer weiß schon was Kühe so untereinander tratschen.

Als würden hier nie Wanderer vorbei kommen

Mittlerweile ist der Notübernachtungsplatz “Bucina” schon ausgeschildert, es kann also nicht mehr weit sein. Kurz vor Schluss komme ich noch an einem Friedhof mitten im Wald vorbei, neben dem eine stabil gebaute Holzhütte steht. Da drin wäre es heute Nacht bestimmt ganz schön gemütlich. Aber mein Weg führt noch etwas weiter. Um 18:40 Uhr erreiche ich nach 39,59 Kilometern mein Ziel und nutze die Resthelligkeit, um mein Zelt aufzubauen und meine Sachen zu veräumen.

Notübernachtungsplatz Bucina

Bis ich mit meinem neu erworbenen Gaskocher mein Kartoffelpüree zubereitet habe ist es schon fast dunkel. Im Wald nebenan meine ich Wildschweine und die natürlich nicht zu missenden Hirsche zu hören. Das ist mir aber egal. Ich bin nach der langen Tour ziemlich geschafft und begebe mich schon bald ins Zelt. Per WhatsApp kommuniziere ich noch ein wenig mit verschiedenen Leuten und informiere mich über den Wetterbericht für den nächsten Tag. Spoiler: Es sieht nicht gut aus.

So endet mein zweiter Tag im Sumava Nationalpark.

Tag 3 – hat jemand vergessen die Sonne einzuschalten?

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